MIUMI: Wie hat deine Schwangerschaft deine Kunst beeinflusst, dein Schaffen als Künstlerin?
FRUZSINA: Hm, das ist eine sehr interessante Frage. Ganz am Anfang, als ich ungefähr im vierten Monat schwanger war, war ich eigentlich die ganze Zeit mega müde. Dennoch bin ich ins Atelier und habe einfach angefangen ein bisschen zu arbeiten. Dann habe ich bemerkt, wie ich Minute für Minute konzentrierter geworden bin, wie es tiefer geworden ist. Das hängt nicht unbedingt nur mit der Schwangerschaft zusammen, aber ich glaube, das hat schon viel damit zu tun. Ich hatte das gute Gefühl, dass ich wirklich in meine Arbeit eintauchen kann, sehr tief fokussiert alles machen kann. Das war richtig cool, mit diesem Gefühl zu arbeiten.

MIUMI: Gab es einen Moment in der Schwangerschaft oder Mutterschaft, der dir als Künstlerin besonders viel Energie oder Klarheit gegeben hat?
FRUZSINA: Ich glaube, dieser Moment war für mich, als ich meine Diplomarbeit fertiggeschrieben und mich auf meine Diplomprüfung vorbereitet habe. Wenn ich mich richtig erinnere, war das etwa zwei Wochen vor meinem geplanten Entbindungstermin. Irgendwie habe ich da plötzlich und sehr klar wirklich verstanden, was ich mache und worum es in meiner Kunst geht. Und ich hatte auch dieses Superwoman-Gefühl, dass ich alles im Leben schaffen kann, wenn ich diese Prüfung hochschwanger bestehe.
MIUMI: Wie stellst du dir vor, dass das Muttersein deine kreative Arbeit langfristig beeinflussen wird?
FRUZSINA: Bereits während der Schwangerschaft fing das Mutterwerden oder Muttersein an, meine Arbeit und meinen Prozess zu verändern. Irgendwann wurde mir klar, dass ich an einen Punkt gelangt war, der mir in meiner kreativen Arbeit sehr vertraut war. Ich hatte diesen Punkt schon einmal erreicht, damals, als ich nach Berlin zog. Ich habe mich damals viel mit dem Thema beschäftigt, das eigene Zuhause zu verlassen, genauer gesagt, mit dem Schmerz des Abschieds. Ich nutzte meine Fotografien, um digitale Collagen und Videocollagen zu erstellen, die davon handelten, etwas hinter sich zu lassen und etwas Neues zu werden. Genau das passierte mir in der Schwangerschaft, aber eher so, dass ich mich selbst wiedergefunden habe und mir klarer wurde, was in meinem Leben und meiner Arbeit wirklich wichtig ist.
Es klingt sehr banal, aber ich fing an, Musik zu hören, die ich schon in der Schulzeit gehört hatte, viel Trip-Hop. Ich glaube, damals war ich ruhiger… Es war wie eine Wiederentdeckung vieler Dinge, die mir früher wichtig waren. Und genau das passierte auch mit meiner Arbeit: Sie kehrte sozusagen zu meinen Wurzeln zurück. Charakteristisch dafür ist, dass meine Gemälde mit allem durchdrungen sind, was ich seit dem Verlassen meiner Heimat gelernt habe.
Momentan arbeite ich an einer Serie von Gemälden auf Fotografien, die auf Aluminium gedruckt sind. Die Fotos habe ich auf der Autobahn fahrend gemacht, und es geht dabei buchstäblich um dieses Gefühl des „Unterwegsseins“ und der „Lebensveränderung“.
Meine Arbeit hat sich bereits verändert, und in Zukunft, so schätze ich, wird mir bewusster sein, dass ich nicht mehr endlos Zeit habe, um an einem Gemälde zu arbeiten. Das hatte ich früher. Jetzt plane ich alles viel mehr oder denke zumindest genauer über den nächsten Schritt nach. Früher war es mir wichtig, Dinge loszulassen, den Pinselstrich frei zu lassen, aber ich habe mich dabei ertappt, dass ich plötzlich nach Kontrolle verlange. Ich denke, meine Arbeit wird strukturierter werden, auch wenn das vielleicht nicht sofort offensichtlich ist.
MIUMI: Was möchtest du deinem Kind über Kreativität und Ausdruck mit auf den Weg geben?
FRUZSINA: Ich möchte, dass er lernt, wie ein Kunstwerk alles sein kann und wie Malerei speziell alles und jedes bedeuten kann… wenn das Sinn ergibt. Diese Freiheit von allem.

MIUMI: Wie stellst du dir vor, dein Kind einmal in deinen kreativen Prozess einzubinden?
FRUZSINA: Also, mein Partner und ich scherzen darüber, dass er Galerist werden muss, weil das die perfekte Mischung von uns beiden wäre – er als Geschäftsmann und ich als Künstlerin.
Aber Spaß beiseite, darüber habe ich vorher eigentlich noch nie nachgedacht. Ich möchte, dass er seinen eigenen kreativen Prozess genießt, anstatt Teil meines Prozesses zu sein. Diese Freiheit zu haben, die Kunst einem gibt. Und ich habe bei Modulor einen Tisch gekauft, der auch eine Mini-Version für ihn hat, wenn er größer ist. Dann können wir mal zusammen arbeiten.
MIUMI: Gibt es bestimmte Themen, die dich seitdem stärker beschäftigen oder die in deinem Werk plötzlich eine Rolle spielen?
FRUZSINA: Was ich schon vorhin beschrieben habe, diese Thema von "Lebensveränderung" und "Unterwegssein".
MIUMI: Glaubst du, dass Kunst auch ein Weg für dich ist, um deiner zukünftigen Rolle als Mutter gerecht zu werden?
FRUZSINA: Für mich gibt es in diesem Leben keinen anderen Weg, als Künstlerin zu sein – und das wird auch der Weg sein, meiner neuen Rolle als Mutter gerecht zu werden.
Fotografie: Marina Hoppmann